Wussten Sie schon, dass die gesetzliche Krankenkasse in bestimmten Fällen alle Zahnersatzkosten vollständig übernimmt? Die sogenannte Härtefallregelung schützt Menschen mit geringem Einkommen vor hohen Eigenanteilen – und kann die Kosten für Kronen, Brücken oder Prothesen zu 100 % abdecken. Doch der Anspruch, der Antrag und die Berechnung sind oft komplex.
In diesem Ratgeber erfahren Sie, wer als Härtefall gilt, wie Sie die Regelung beantragen, welche Leistungen die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) in einem solchen Fall tatsächlich übernimmt und wann sich eine Zahnzusatzversicherung für Sie lohnt.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Härtefallregelung greift, wenn das Einkommen unter den festgelegten Grenzen liegt.
- 2025 gilt: Alleinstehende bis 1.498 €, Paare bis 2.059,75 €, +374,50 € je Angehörigem.
- Auch Empfänger von Bürgergeld, Sozialhilfe, BAföG oder Grundsicherung gelten automatisch als Härtefall.
- Nur die Regelversorgung (z. B. Metallkronen, einfache Prothesen) wird zu 100 % übernommen.
- Bei leicht überschrittenen Grenzen greift die gleitende Härtefallregelung mit Teilzuschuss.
- Antrag erforderlich: Heil- und Kostenplan (HKP), Einkommensnachweise und Haushaltsangaben müssen eingereicht werden.
- Eine Zahnzusatzversicherung ist je nach individuellem Fall eine sinnvolle Alternative oder Ergänzung.
Was bedeutet die Härtefallregelung beim Zahnersatz?
Die Härtefallregelung ist eine soziale Schutzmaßnahme innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung und soll verhindern, dass Menschen mit einem geringen Einkommen durch Zahnersatz finanziell überfordert werden. Sie ist in § 55 SGB V verankert und bildet eine wichtige Ergänzung zum regulären Festzuschuss-System.
Ziel der Regelung
Wer unter die Härtefallregelung fällt, erhält den vollen Festzuschuss für Zahnersatz – also 100 % der Kosten für die sogenannte Regelversorgung. Damit sind Behandlungen gemeint, die medizinisch notwendig, ausreichend und wirtschaftlich sind. Höherwertige Lösungen wie Implantate oder Vollkeramikkronen müssen weiterhin privat bezahlt werden.
Weiterführend: Wie viel zahlt die Krankenkasse für ein Zahnimplantat?
Gleitende Härtefallregelung
Liegt das Einkommen knapp über der Grenze, greift die gleitende Härtefallregelung. Sie berechnet eine zumutbare Eigenbelastung, die sich nach der Differenz zwischen Einkommen und Grenzwert richtet. Der verbleibende Restbetrag wird anteilig übernommen.
Beispiel: Verdient jemand nur 50 € über der Einkommensgrenze, übernimmt die Krankenkasse fast den gesamten Restbetrag. So bleibt der Zuschuss sozial ausgewogen.
Wer hat Anspruch auf 100 % Kostenübernahme?

Anspruch auf die Härtefallregelung haben Personen, deren monatliches Bruttoeinkommen unter bestimmten Grenzwerten liegt. Diese Werte werden jährlich vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales angepasst, um die wirtschaftliche Entwicklung zu berücksichtigen.
Einkommensgrenzen 2025 (monatlich brutto):
Automatischer Anspruch
Folgende Personengruppen gelten automatisch als Härtefall, ohne Einkommensnachweis:
- Bürgergeld-Empfänger (SGB II)
- Sozialhilfe-Beziehende (SGB XII)
- BAföG-Empfängerinnen und -Empfänger
- Personen mit Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung
- Heimbewohner, deren Unterhalt von der Sozialhilfe getragen wird
Unser Tipp: Auch wer knapp über der Grenze liegt, sollte einen Antrag stellen. Die Krankenkasse prüft individuell, ob eine gleitende Härtefallregelung greift.
Wie beantragt man die Härtefallregelung?

Der Antrag auf die Härtefallregelung muss vor Beginn der Zahnersatzbehandlung bei der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) gestellt werden. Grundlage ist immer ein vom Zahnarzt erstellter Heil- und Kostenplan (HKP). Erst nach der Genehmigung übernimmt die Krankenkasse Ihre Kosten – eine nachträgliche Erstattung ist nicht möglich.
Schritt-für-Schritt-Anleitung
- Heil- und Kostenplan (HKP) einreichen: Ihr Zahnarzt erstellt den HKP, in dem alle geplanten Behandlungen und Kosten aufgeführt sind.
- Einkommensnachweise beilegen: Dazu zählen aktuelle Gehaltsabrechnungen, Rentenbescheide, Leistungsbescheide (z. B. Bürgergeld, BAföG) oder Sozialhilfebescheide.
- Haushaltsmitglieder angeben: Die Krankenkasse berücksichtigt das gesamte Haushaltseinkommen. Geben Sie daher alle Angehörigen mit Einkünften an.
- Prüfung durch die Krankenkasse: Nach Einreichung prüft die Kasse, ob die Voraussetzungen erfüllt sind und ob ggf. die gleitende Härtefallregelung greift.
- Genehmigung abwarten: Erst nach der Genehmigung durch die Kasse kann der Zahnersatz angefertigt werden.
Tipp: Seit 2023 läuft das Verfahren über das digitale Elektronische Beantragungs- und Genehmigungsverfahren (EBZ). Ihr Zahnarzt kann den Antrag digital übermitteln – das beschleunigt die Bearbeitung erheblich.
Was wird übernommen – und was nicht?

Die Härtefallregelung übernimmt 100 % der Kosten für die sogenannte Regelversorgung. Diese umfasst alle medizinisch notwendigen und wirtschaftlichen Behandlungen, die den Zustand des Gebisses funktionell wiederherstellen, jedoch keine ästhetischen oder besonders hochwertigen Materialien berücksichtigen.
Leistungen, die vollständig übernommen werden
- Metallkronen und Standardbrücken
- Teil- und Vollprothesen aus einfachen Materialien
- Klammerprothesen oder einfache Modellgussprothesen
- Regelversorgung bei Lücken oder Zahnverlust gemäß Befundklasse
Weiterführend: Keramikkrone, Brücke, Inlay – Was zahlt die Krankenkasse?
Damit übernimmt die Krankenkasse die gleiche Behandlung wie bei jedem anderen Versicherten – nur eben ohne Eigenanteil.
Nicht übernommen
- Implantate und implantatgetragene Prothesen
- Keramik- oder Goldkronen (ästhetische Varianten)
- Zahnersatz mit höherem Komfort oder längerer Haltbarkeit
- Kosmetische Zahnbehandlungen (z. B. Bleaching, Veneers)
Weiterführend: Wie viel zahlt die Krankenkasse für ein Zahnimplantat?
Weiterführend: Zahlt die Krankenkasse das Bleaching der Zähne?
Wichtig zu wissen:
- Die Härtefallregelung gilt nicht rückwirkend.
- Sie muss vor Behandlungsbeginn genehmigt sein.
- Auch bei Härtefällen bleibt die Regelversorgung die einzige vollständig bezahlte Option.
Unser Tipp für Sie: Wer Wert auf hochwertige oder ästhetische Materialien legt, kann mit einer Zahnzusatzversicherung den Eigenanteil nahezu komplett abdecken. So kombinieren Sie die Härtefallregelung mit privater Absicherung.
Vergleich: Normaler Festzuschuss vs. Härtefall

Um zu verstehen, wie stark die Härtefallregelung entlastet, lohnt sich ein Blick auf den Unterschied zwischen dem regulären Festzuschuss-System und der vollen Kostenübernahme für Härtefälle.
Während alle gesetzlich Versicherten grundsätzlich 60 % der Regelversorgung von der Krankenkasse erstattet bekommen, können sie diesen Zuschuss durch ein Bonusheft auf bis zu 75 % erhöhen. Bei einem anerkannten Härtefall werden die Kosten für die Regelversorgung vollständig (100 %) übernommen – Sie zahlen also keinen Eigenanteil.
Beispiel:
Für eine Standardkrone kostet die Behandlung 400 €.
- Normaler Versicherter: 240 € Zuschuss, 160 € Eigenanteil.
- Mit Bonusheft: 300 € Zuschuss, 100 € Eigenanteil.
- Härtefall: 400 € Zuschuss, kein Eigenanteil.
Weiterführend: Was zahlt die Krankenkasse bei Zahnersatz (mit und ohne Bonusheft)?
Steuerliche und ergänzende Entlastungen

Auch wenn die Härtefallregelung eine große Hilfe ist, können Patienten in bestimmten Fällen zusätzliche Entlastungen in Anspruch nehmen – etwa steuerliche Abzüge oder ergänzende Versicherungsleistungen.
Zahnersatzkosten steuerlich absetzen
Eigenanteile, die trotz der Härtefallregelung entstehen (z. B. bei Wahlleistungen oder höherwertigen Materialien), können Sie als außergewöhnliche Belastung in Ihrer Steuererklärung geltend machen. Dazu zählen:
- Zuzahlungen zu höherwertigem Zahnersatz (z. B. Keramik)
- Kosten für zusätzliche Laborleistungen
- Fahrtkosten zu Zahnarztterminen
Die steuerliche Absetzbarkeit hängt von der individuellen zumutbaren Eigenbelastung ab, die das Finanzamt anhand von Einkommen, Familienstand und Kinderzahl berechnet.
Weiterführend: Welche Zahnarztkosten kann man von der Steuer absetzen?
Kombination mit einer Zahnzusatzversicherung
Eine Zahnzusatzversicherung kann eine sinnvolle Ergänzung sein, wenn Sie neben der Härtefallregelung ästhetisch hochwertige Zahnersatzlösungen wünschen.
- Viele Tarife übernehmen Restkosten über der Regelversorgung.
- Gute Policen erstatten bis zu 90–100 % der Gesamtkosten, auch bei Implantaten oder Inlays.

Unser Tipp: Wer bereits eine Zahnzusatzversicherung hat, sollte prüfen, ob Härtefallleistungen nicht zusätzlich anerkannt werden – so profitieren Sie doppelt von Zuschüssen und privater Absicherung.
Praktische Tipps und Beratung

Die Härtefallregelung kann Ihnen helfen, hohe Zahnersatzkosten vollständig zu vermeiden – vorausgesetzt, Sie beantragen sie rechtzeitig und reichen alle Unterlagen korrekt ein. Damit der Antrag reibungslos verläuft, sollten Sie einige Punkte beachten:
1. Den Antrag immer vor dem Behandlungsbeginn stellen
Die Krankenkasse übernimmt die Kosten nur, wenn der Heil- und Kostenplan (HKP) vor Beginn der Behandlung genehmigt wurde. Nachträgliche Erstattungen sind ausgeschlossen.
2. Alle Nachweise vollständig einreichen
Lücken in den Unterlagen führen oft zu Verzögerungen. Reichen Sie deshalb immer alle aktuellen Einkommensnachweise, Bescheide (z. B. Bürgergeld, BAföG, Sozialhilfe) und eine Haushaltsübersicht mit ein.
3. Elektronischer Antrag spart Zeit
Seit 2023 läuft die Genehmigung vieler Krankenkassen über das digitale Verfahren EBZ (Elektronisches Beantragungs- und Genehmigungsverfahren). Ihr Zahnarzt kann Ihren Antrag somit direkt online übermitteln – das beschleunigt die Bearbeitung erheblich.
4. Widerspruch nicht scheuen
Wird Ihr Härtefallantrag abgelehnt, können Sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Häufig führen Nachreichungen oder Korrekturen zu einer nachträglichen Bewilligung.
5. Beratung nutzen
Lassen Sie sich bei Unklarheiten von Verbraucherzentralen, Sozialdiensten oder Ihrer Krankenkasse beraten. Viele bieten kostenlose Checklisten und persönliche Unterstützung an. Informieren Sie sich jährlich über die aktuellen Einkommensgrenzen, da diese regelmäßig angepasst werden.
Fazit – Wann lohnt sich die Härtefallregelung, wann eine Zusatzversicherung?

Die Härtefallregelung ist eine wertvolle soziale Absicherung für Versicherte mit einem geringen Einkommen. Sie sorgt dafür, dass notwendiger Zahnersatz bezahlbar bleibt und niemand aus finanziellen Gründen auf eine medizinisch notwendige Versorgung verzichten muss.
Allerdings deckt die Härtefallregelung nur die Regelversorgung – also die einfache, funktionale Behandlung – vollständig ab.
Was nun?
Wenn Sie Wert auf ästhetisch hochwertige Materialien oder komfortable Lösungen wie Implantate legen, müssen Sie diese weiterhin selbst finanzieren.
Hier kann eine Zahnzusatzversicherung sinnvoll ergänzen: Sie übernimmt die Mehrkosten über die Regelversorgung hinaus und ermöglicht eine Behandlung nach Ihren individuellen Wünschen – ohne einen finanziellen Druck.

Wenn Sie einen Anspruch auf die Härtefallregelung haben, nutzen Sie diese unbedingt. Und falls Sie sich langfristig besser absichern möchten, lohnt sich ein Blick in unseren Zahnzusatzversicherungs-Vergleich.
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Häufig gestellte Fragen
Wer bekommt 100 % Kostenübernahme beim Zahnersatz?
Die Krankenkasse übernimmt die kompletten Kosten für die Regelversorgung, wenn das Einkommen unter den gesetzlichen Härtefallgrenzen liegt. Auch Empfänger von Bürgergeld, Sozialhilfe, Grundsicherung oder BAföG gelten automatisch als Härtefall.
Wie hoch sind die Einkommensgrenzen 2025?
Für Alleinstehende liegt die Grenze bei 1.498 € brutto im Monat, für Paare bei 2.059,75 €. Für jedes weitere Haushaltsmitglied erhöht sich die Grenze um 374,50 €. Diese Werte werden jährlich angepasst.
Was bedeutet „gleitende Härtefallregelung“?
Wenn Ihr Einkommen knapp über der Einkommensgrenze liegt, beteiligt sich die Krankenkasse anteilig an den Kosten. Sie übernimmt also nicht 100 %, aber einen deutlich höheren Zuschuss als üblich.
Welche Unterlagen sind für den Antrag notwendig?
Erforderlich sind ein Heil- und Kostenplan (HKP), Einkommensnachweise, ggf. Leistungs- oder Rentenbescheide und eine Haushaltsaufstellung. Der Antrag sollte vor Behandlungsbeginn gestellt werden.
Wird auch teurer Zahnersatz wie Implantate bezahlt?
Nein. Die Härtefallregelung deckt ausschließlich die Regelversorgung ab – also medizinisch notwendige, funktionale Behandlungen. Wahlleistungen wie Implantate oder Keramikkronen müssen privat bezahlt werden.
Kann ich trotz Härtefall eine Zahnzusatzversicherung abschließen?
Ja, und das kann sinnvoll sein. Eine Zahnzusatzversicherung übernimmt die Mehrkosten über die Regelversorgung hinaus, etwa für Implantate, Inlays oder Keramiklösungen, und reduziert damit den Eigenanteil erheblich.











